Spermienmorphologie als Entscheidungskriterium IVF vs. ICSI
Die Abgrenzung der Indikation der IVF vs. einer ICSI – außer beim hochgradig eingeschränkten andrologischen Befund – ist mitunter schwierig. Gesichert ist mittlerweile, dass eine ICSI bei einem unauffälligen Spermiogramm (auch im Falle einer niedrigen Eizellzahl) die Therapiechancen gegenüber einer IVF nicht verbessert.
Eine aktuelle Arbeit fokussiert auf die in der Vergangenheit häufig kontrovers diskutierte Frage, ob eine reduzierte Morphologie im Spermiogramm (bei unauffälliger Dichte und Motilität) eine sinnvolle ICSI-Indikation sein könnte (Pham et al. Intracytoplasmic sperm injection versus conventional in vitro fertilization in infertile couples with normal total sperm count and motility: does sperm morphology matter? Hum. Reprod. 2024; Nov 13: Online ahead of print).
In der Studie betrug der mediane Anteil der Spermien mit normaler Morphologie in beiden Gruppen 3% (1-6%).
Die Lebendgeburtenrate/Transfer erreichte bei der ICSI 34,6% (184/532) gegenüber 31,2% bei der IVF (166/532). Es zeigte sich keine signifikante Interaktion zwischen der Spermienmorphologie und dem Behandlungseffekt der ICSI bzw. IVF auf die Rate der Lebendgeburten, der klinischen Schwangerschaften und des kompletten Fertilisierungsversagens.
Bei infertilen Paaren mit normaler Spermienzahl und -beweglichkeit spielt die Spermienmorphologie offensichtlich keine oder nur eine begrenzte Rolle für die Identifizierung von Paaren, die von einer ICSI (im Vergleich zur IVF) profitieren.
Weitere Studien müssen diese Fragestellung beleuchten.
Prof. Dr. med. Frank Nawroth