IVF (In-vitro-Fertilisation)
- 12 Minuten
- 08.11.2024
Die folgenden Informationen können ein persönliches Beratungsgespräch nicht ersetzen. Individuelle Beratung bieten Gynäkolog*innen oder Kinderwunschzentren.
Eine In-vitro-Fertilisation (IVF) ist eine Form der künstlichen Befruchtung, bei der die Eizelle außerhalb des weiblichen Körpers befruchtet wird. Die IVF wird oft eingesetzt, wenn andere Methoden nicht erfolgreich waren oder wenn bestimmte Umstände wie beispielsweise nicht durchlässige Eileiter oder Endometriose eine IVF erforderlich machen. Unter bestimmten Voraussetzungen können die Kosten anteilig von der Krankenkasse übernommen werden.
Das erste, per In-vitro-Fertilisation gezeugte Kind kam 1978 in England zur Welt – Deutschland folgte 1982. Zum Schutz menschlicher Embryonen wurde 1990 das Embryonenschutzgesetz (ESchG) in Deutschland verabschiedet. Es zielt darauf ab, den Missbrauch von Fortpflanzungstechnologien zu verhindern und den ethischen Umgang mit Embryonen zu gewährleisten. Präimplantationsdiagnostik (PID), also die Untersuchung der Embryonen hinsichtlich bestimmter genetischer Merkmale vor der Übertragung in die Gebärmutter, ist nur in sehr engen Grenzen erlaubt, beispielsweise wenn Risiken für schwere Erbkrankheiten vorliegen. Eine PID ist immer eine Zusatzleistung (Add-on).
Jede IVF- Behandlung besteht aus mehreren Phasen, die individuell abgestimmt und festgelegt werden. Daher kann die Therapie bei verschiedenen Patientinnen auch unterschiedlich ablaufen.
In der Regel beginnt die tägliche Stimulation der Eierstöcke z. B. mit Follikel-stimulierendem Hormon (FSH) am 2./3. Zyklustag und dauert in Abhängigkeit von der Eizellreifung durchschnittlich etwa 8-12 Tage. Die meisten Patientinnen spritzen sich die Medikamente mit einem Injektions-Pen oder Fertigspritzen selbst unter die Haut, manche lassen sich vom Partner, Verwandten oder Bekannten helfen.
Während der Stimulationsbehandlung erfolgen in aller Regel 1-2 Ultraschalluntersuchungen, um den optimalen Zeitpunkt zur Gewinnung reifer, befruchtungsfähiger Eizellen zu bestimmen. Neben den stimulierenden Hormonspritzen werden meistens weitere zu spritzende Medikamente verordnet, welche einen zu früh auftretenden Eisprung unterdrücken.
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Die abschließende Reifung der Eizellen vor der Entnahme wird z. B. durch eine weitere Spritze unter die Haut ausgelöst. 36 Stunden später erfolgt in einer kurzen Narkose von 5-10 Minuten, unmittelbar vor dem Eisprung, die Punktion der Eierstöcke, also die Entnahme der reifen Eizellen, unter Ultraschallkontrolle über die Scheide.
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Die Spermien werden in der Regel durch Masturbation gewonnen, d. h. durch Ejakulation. Anschließend werden die Spermien im Labor „aufbereitet“. Das bedeutet, dass mithilfe spezieller Techniken die beweglichsten und wohlgeformten Spermien aus dem Sperma selektiert werden. Das ist wichtig, um die Chancen einer erfolgreichen Befruchtung zu erhöhen.
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Im Labor wird die Eizelle in einer Petrischale mit den aufbereiteten Samenzellen zusammengebracht, die aus dem frischen Ejakulat des Partners oder einer eingefrorenen Probe gewonnen wurden. Aus der befruchteten Eizelle entwickelt sich ein Embryo. Abhängig vom Alter der Patientin, verschiedenen anderen Faktoren und den Befruchtungsergebnissen werden in der Regel 2-5 Tage nach der Follikelpunktion 1-2 Embryonen transferiert. Etwa 2 Wochen nach dem Embryotransfer ist ein Schwangerschaftstest möglich. Bei einem positiven Testergebnis kann das behandelnde Kinderwunschzentrum die Schwangerschaft noch bis zum Nachweis des Herzschlags weiter begleiten. Ab der 8./9. Schwangerschaftswoche übernimmt dann die niedergelassene Frauenärztin bzw. der niedergelassene Frauenarzt.
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Laut dem Deutschen IVF-Register (DIR) lag die Schwangerschaftsrate pro transferiertem Embryo im Jahr 2022 bei rund 30 %.2 Das bedeutet, dass etwa jede dritte Frau nach dem Übertragen eines Embryos schwanger wurde. Ob die Befruchtung der Eizelle im Labor zu einer Schwangerschaft führt oder nicht, hängt von verschiedenen Faktoren ab:
Das Alter der Frau spielt eine große Rolle für die Schwangerschafts- und Geburtenwahrscheinlichkeit nach einer In-vitro-Fertilisation. Bei den 30-34-Jährigen werden knapp 40 % schwanger, bei den 41-44-Jährigen sind es weniger als 17 %. Bei der Geburtenrate ist der Unterschied noch deutlicher – sie sinkt von rund 31 % auf rund 8 % in den genannten Altersgruppen.3
Die Fruchtbarkeit hat einen großen Einfluss darauf, wie die Chancen für die Erfüllung des Kinderwunsches per IVF-Behandlung stehen. Eine Behandlung kann nur dann erfolgreich sein, wenn ausreichend befruchtungsfähige Eizellen produziert und entnommen werden können und die Spermien bestimmte Kriterien u. a. hinsichtlich Beweglichkeit, Form (Morphologie) und Spermienanzahl erfüllen.
Die bewusste Gestaltung des täglichen Lebens, z. B. der Verzicht auf Alkohol und Zigaretten, kann sich positiv auf die Fertilität (Fruchtbarkeit) auswirken.4, 5 Übergewicht beeinträchtigt die Fruchtbarkeit von Frauen und Männern nachweislich. Untergewicht kann die Einnistung des Embryos erschweren. Ein gesunder Lebensstil kann also die Chancen auf eine erfolgreiche IVF-Behandlung verbessern.
Erste Anlaufstelle ist in der Regel immer die frauenärztliche bzw. gynäkologische Praxis. Hier bekommen von ungewollter Kinderlosigkeit Betroffene Basisinformationen zum Thema Fruchtbarkeit, Kinderwunschbehandlung und den Möglichkeiten einer assistierten Befruchtung. Gegebenenfalls können auch schon einige Voruntersuchungen durchgeführt werden. Tiefergehende Beratung und Behandlung bieten Kinderwunschzentren. Hier arbeiten neben Reproduktionsmedizinern auch Fachärztinnen und Fachärzte anderer Fachrichtungen, z. B. Spezialisten für Andrologie sowie Embryologinnen und Embryologen. So wird eine ganzheitliche Betreuung und Behandlung ermöglicht.
Eine IVF wird von heterosexuellen Paaren in Anspruch genommen, die nicht auf natürlichem Wege schwanger werden können, sowie von lesbischen Paaren und alleinstehenden Frauen. Die Behandlung der Letzteren wird nicht in allen Bundesländern und Kinderwunschzentren angeboten, weshalb man sich im Vorfeld gründlich informieren sollte.
Aktuell werden IVF-Behandlungen für heterosexuelle und lesbische Paare sowie alleinstehende Frauen in den amedes Kinderwunschzentren an folgenden Standorten angeboten: Bad Münder, Köln, Hamburg Barkhof, FCH Hamburg, Hannover, Trier. An den amedes Standorten Dortmund, Wuppertal und Siegen können aktuell nur verheiratete heterosexuelle und verheiratete lesbische Paare behandelt werden.
Eine gute Klinik für IVF-Behandlungen verfügt über ein multiprofessionelles Team aus erfahrenen Reproduktionsmedizinerinnen und Reproduktionsmedizinern und ggf. Fachärztinnen und Fachärzten weiterer medizinischer Fachrichtungen, z. B. Andrologen. Überdies sollte die Klinik bzw. das jeweilige Kinderwunschzentrum eine ausführliche Beratung anbieten, in der auch alternative Behandlungsmöglichkeiten, z. B. mit Hormonen zur Normalisierung des weiblichen Zyklus oder Intrauterine Insemination erläutert werden, wenn die Voraussetzungen dafür günstig erscheinen. Neben der Qualifikation des Zentrums ist es ebenso wichtig, dass man sich bei der betreuenden Ärztin bzw. dem betreuenden Arzt gut aufgehoben fühlt – hier entscheidet auch das Bauchgefühl.
Verheiratete, verschiedengeschlechtliche Paare im Alter zwischen 25 und 40 Jahren (Frau) bzw. 50 Jahren (Mann) Jahren, bei denen eine Unfruchtbarkeit diagnostiziert wurde, haben die Chance auf eine Kostenbeteiligung der gesetzlichen Krankenversicherung. Wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, ist eine Beteiligung von bis zu 50 % möglich. Die genauen Anforderungen sowie die Beteiligungshöhe können, abhängig von Bundesland und Krankenkasse, variieren. Hier findet man weiterführende Infos zur Kostenübernahme.
Die Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) ist eine besondere Form der künstlichen Befruchtung, bei der das Spermium über eine dünne Nadel direkt in die Eizelle injiziert wird. Bei der IVF muss das Spermium auf natürlichem Wege in die Eizelle eindringen. Die Intrazytoplasmatische Spermieninjektion wird u. a. bei einer eingeschränkten Beweglichkeit der Spermien eingesetzt, um die Chance einer Befruchtung zu verbessern.
Wie bei einer natürlich eintretenden Schwangerschaft besteht auch bei einer IVF das Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft oder Eileiterschwangerschaft. Das Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft liegt bei 10-15 %, da in der Regel nur ein bis zwei Embryonen transferiert werden. Komplikationen wie Bluthochdruck, Frühgeburten oder geringeres Geburtsgewicht treten nach Kinderwunschbehandlungen auf – allerdings können sie nicht eindeutig auf die Behandlung zurückgeführt werden, sondern sind ggf. durch individuelle Dispositionen bedingt.
Wie bei einer natürlich entstandenen Schwangerschaft, sollte man Alkohol und Nikotin meiden und den Kaffeekonsum reduzieren. Da die Eierstöcke nach der Stimulation noch empfindlich sein können, sollte man für eine Weile auch auf dynamische Sportarten verzichten.
Grundsätzlich kann bereits beim nächsten Eisprung eine Schwangerschaft eintreten. Wie lange man bis zum nächsten IVF-Versuch warten sollte, hängt von verschiedenen Faktoren ab, u. a. dem Stadium der Schwangerschaft bei Eintritt der Fehlgeburt, operativen Eingriffen etc. Die weitere Behandlungsplanung erfolgt also in enger Abstimmung mit der behandelnden Gynäkologin oder dem behandelnden Gynäkologen.
Nutzt die offenen amedes Info-Abende, um euch über Behandlungsoptionen bei unerfülltem Kinderwunsch zu informieren, Unsicherheiten abzulegen und Klarheit zu gewinnen, welche Wege ihr gehen könnt. Bitte beachtet, dass sich unsere Info-Abende sowohl an heterosexuelle als auch gleichgeschlechtliche Paare und alleinstehende Frauen richten. Die Expertinnen und Experten von amedes heißen euch herzlich willkommen und freuen sich auf eure Fragen.
1 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. „Hilfe und Unterstützung bei ungewollter Kinderlosigkeit“, Stand: 29.06.2023, https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/familie/schwangerschaft-und-kinderwunsch/ungewollte-kinderlosigkeit (Datum des Zugriffs: 10.10.2024)
2 Deutsches IVF-Register (D.I.R.)® „D.I.R. Jahrbuch 2022“, Auszug, 09/2023, Ausgabe 3, S. 4, https://www.deutsches-ivf-register.de/perch/resources/dir-jahrbuch-2022-sonderausgabe-fuer-paare.pdf (Datum des Zugriffs: 10.10.2024)
3 Ebd.
4 Míngues-Alarcón, Lidia et al. “Caffeine, alcohol, smoking and reproductive outcomes among couples undergoing assisted reprodructive technology treatments”, In: Fertility and Sterility, Volume 110, Issue 4, September 2018, Pages 587-592, https://doi.org/10.1016/j.fertnstert.2018.05.026, https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0015028218304278 (Datum des Zugriffs: 10.10.2024)
5 Heger, Anna et al. „Smoking Decreases Endometrial Thickness in IVF/ICSI Patients „In: Geburtshilfe Frauenheilkd 2018, 78(01), 78-82, Georg Thieme Verlag KG Stuttgart, New York, DOI: 10.1055/s-0043-123762, https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/abstract/10.1055/s-0043-123762 (Datum des Zugriffs: 10.10.2024)