Viele denken, Kinderwunsch sei ein Frauenthema. Allerdings liegt die Ursache eines unerfüllten Kinderwunsches ebenso häufig beim Mann. Hier erfährst du, was dich als Mann im Kinderwunschzentrum erwartet, welche Untersuchungen durchgeführt werden, und wie du dein Spermiogramm interpretierst.

 

Anamnese und körperliche Untersuchungen

Bei deinem ersten Termin im Kinderwunschzentrum wirst du zunächst nach deiner medizinischen Vorgeschichte, deiner Familie und deinem Lebensstil befragt. Unsere Ärztinnen und Ärzte werden dich zum Beispiel nach Operationen im Genitalbereich, Stoffwechselerkrankungen und Infektionskrankheiten fragen. Es gibt bestimmte Vorerkrankungen, wie ein Hodenhochstand im Kindesalter, welche die Wahrscheinlichkeit einer eingeschränkten Spermienqualität stark erhöhen. Aber auch Informationen über deinen Arbeitsplatz und deinen Genussmittelkonsum können unseren Ärztinnen und Ärzten helfen, dem Grund für euren unerfüllten Kinderwunsch auf die Spur zu kommen.

Auch eine körperliche Untersuchung kann hilfreich sein. Hierbei werden zum Beispiel dein Körperbau und deine Behaarung beurteilt. Auch dein Penis und deine Hoden werden meistens untersucht. So können zum Beispiel Krampfadern im Hodensack (Varikozelen) festgestellt werden. Bei Auffälligkeiten in der Krankengeschichte, dem Spermiogramm oder der körperlichen Untersuchung kann zusätzlich eine Ultraschalluntersuchung oder eine andere bildgebende Untersuchung notwendig sein. Einige Kinderwunschzentren der amedes haben hierfür sogar speziell ausgebildete Andrologen vor Ort.

 

Spermaprobe abgeben für das Spermiogramm

Die wichtigste diagnostische Maßnahme ist die Erstellung eines sogenannten Spermiogramms. Das Spermiogramm beurteilt die Qualität deines Ejakulats. Die in der Samenflüssigkeit befindlichen Samenzellen (Spermatozoen) müssen in bestimmter Qualität und Anzahl vorliegen, um eine Eizelle befruchten zu können.

Bei der Beurteilung der Samenqualität sollte man sich nicht auf Teststäbchen aus der Apotheke verlassen, da sie eine eingeschränkte Verlässlichkeit aufweisen. Wenn du ein paar einfache Dinge beachtest, ist die Erstellung eines Spermiogramms in unseren Praxisräumen ein ganz einfacher Vorgang, vor dem du keinerlei Scheu zu haben brauchst!

Vor der Abgabe der Samenprobe entleerst du bitte deine Blase und wäschst gründlich deine Hände und den Genitalbereich (auch unter der Vorhaut) mit Wasser. Bitte verwende jedoch keine Seife oder Creme. Um Verunreinigungen der Probe zu vermeiden, sollten der Probenbecher und die Samenprobe nicht mit der Vorhaut oder den Fingern in Kontakt kommen. Beachte bitte, dass der letzte Samenerguss nicht weniger als drei, aber höchstens etwa fünf Tage zurückliegen sollte.

Da die Qualität der Samenprobe für die Aussagekraft des Spermiogramms entscheidend ist und die Untersuchung spätestens eine halbe Stunde nach der Ejakulation erfolgen muss, gibst du die Probe am besten direkt in einem unserer Zentren ab. Dort findest du Privatsphäre und Möglichkeiten zur Entspannung. Selbstverständlich kann dich deine Partnerin begleiten. Sollte es dir dennoch nicht möglich sein, die Samenprobe in unseren Räumlichkeiten abzugeben, zögere nicht, mit uns über Alternativen zu sprechen!

Das Spermiogramm ermöglicht uns, Rückschlüsse auf mögliche Ursachen des unerfüllten Kinderwunsches zu ziehen. Da es sich immer um eine Momentaufnahme handelt, wird dir bei Auffälligkeiten in der Regel eine Kontrolluntersuchung nach einem zeitlichen Abstand empfohlen. Bei Bedarf können wir eine geeignete Therapie wie Insemination, IVF oder ICSI vorschlagen. Die Erstellung des Spermiogramms erfolgt bei uns standardisiert gemäß den Qualitätsanforderungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und wird durch Ringversuche der Deutschen Gesellschaft für Andrologie (QuaDeGA) kontrolliert.

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Spermiogramm interpretieren

Lass uns noch einmal genauer anschauen, auf welche Eigenschaften deine Spermien untersucht werden und was die Ergebnisse deines Spermiogramms für dich bedeuten. Kurz gesagt müssen genügend bewegliche und wohlgeformte Spermien in deinem Sperma vorhanden sein. Die drei wichtigsten Messwerte sind also: Spermienzahl, Spermienbeweglichkeit und Spermienform.

Für diese Eigenschaften hat die World Health Organisation (WHO) Normwerte festgelegt, mit denen deine Werte verglichen werden, um deine Fruchtbarkeit einzuschätzen. Auf diese Normwerte ist die WHO gekommen, indem sie Spermaproben von Männern untersucht hat, die bereits Kinder gezeugt haben. Wenn deine Werte mit den Werten dieser Männer vergleichbar sind, dann solltest auch du zeugungsfähig sein.

Die Spermienzahl gibt an, wie viele Spermien insgesamt in der Spermaprobe vorhanden sind, unabhängig davon, ob sie verformt oder unbeweglich sind. Diese Gesamtzahl sollte mindestens 39 Millionen betragen. Zusätzlich wird die Konzentration von Spermien in deiner Spermaprobe ermittelt, also die Anzahl der Spermien in einem Milliliter Ejakulat. Die Konzentration soll bei mindestens 16 Millionen pro Milliliter liegen. Allerdings unterliegt sowohl die Gesamtzahl der Spermien also auch die Menge an Ejakulat auch bei normal fruchtbaren Männern starken natürlichen Schwankungen.  Werden diese unteren Grenzwerte für die Spermienzahl oder –konzentration unterschritten, dann spricht man von einer Oligozoospermie.

Bei der Beurteilung der Spermienbeweglichkeit wird zwischen vollständig unbeweglichen, lokal progessiven, also auf der Stelle schwimmenden, und sich mit Raumgewinn vorwärts bewegenden Spermien unterschieden. Mindestens 30% deiner Spermien sollten sich mit Raumgewinn vorwärtsbewegen. Hier wird wiederrum zwischen schnellen, genannt a-motilen, und langsamen, genannt b-motilen, Spermien unterschieden. Diese Aufschlüsselung kann für eine Kinderwunschbehandlung hilfreich sein. Wichtig ist aber, dass wenig oder keine schnelle Spermien nicht automatisch mit einer Unfruchtbarkeit gleichzusetzen ist. Auch Spermien, die sich nur langsam vorwärtsbewegen, können den Weg zur Eizelle finden! Wenn sich weniger als 30% deiner Spermien mit Raumgewinn vorwärtsbewegen, spricht man von einer Asthenozoospermie.

Der dritte wichtige Messwert ist die Spermienform. Dieser Wert kann auf den ersten Blick verwirrend sein. Denn der untere Referenzwert der WHO liegt hier bei nur 4%. Das heißt, dass auch bei uneingeschränkt zeugungsfähigen Männern typischerweise viele Spermien Auffälligkeiten der Form aufweisen. Nur vergleichsweise wenige Spermien entsprechen einer definierten Idealform. Liegt der Anteil der auffällig geformten Spermien bei über 96%, spricht man von einer Teratozoospermie. Je nachdem, wo sich die Abweichung von dieser Idealform findet, spricht man von Kopfdefekten, Mittelstückdefekten oder Schwanzdefekten. Diese Begrifflichkeiten beziehen sich auf den Aufbau der Spermien und sind allerdings etwas unglücklich gewählt, denn nicht jede Abweichung von der Idealform ist zwangsläufig mit einem Defekt, also einer eingeschränkten Funktion, des Spermiums verbunden. Durch eine zusätzliche Aufbereitung der Spermien, genannt Swim Up Test, sollte ggfs. überprüft werden, inwieweit die Funktionalität von abweichend geformten Spermien eingeschränkt ist.

Wenn du von einer Oligozoospermie, einer Asthenozoospermie oder Teratozoospermie oder einer Kombination dieser Abweichungen (der Oligoasthenoteratozoospermie) betroffen bist, dein eigener Wert also kleiner ist als der entsprechende untere Referenzwert, dann könnte deine Fruchtbarkeit hierdurch eingeschränkt sein. Allerdings kann ein Spermiogramm allein nicht abschließend sagen, ob ein Mann ein Kind zeugen kann oder nicht. Trotzdem können wir mit Hilfe eines Spermiogramms und zusätzlicher Untersuchungen wie einer Hormonbestimmung oder einem Ultraschall besser beurteilen, ob deine Fruchtbarkeit eingeschränkt ist und warum, und was wir tun können, damit ihr trotzdem ein Kind bekommt.

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