Ferritin und unerfüllter Kinderwunsch
Die häufigste Ursache einer Anämie ist der Eisenmangel. Als sensitiver Marker dieses Problems ist die Messung von Ferritin im Serum etabliert. Etwa 40% der menstruierenden Frauen weist im Serum Ferritin-Werte ≤ 30 μg/l auf (Milman N. Serum ferritin in Danes: studies of iron status from infancy to old age, during blood donation and pregnancy. Int. J. Hematol. 1996; 63: 103-135).
Wegen dieser Häufigkeit messen wir seit langem Ferritin im Rahmen der Basisuntersuchung bei Frauen in unserer Kinderwunsch-Sprechstunde. Diese sollen nicht mit einem niedrigen Wert in eine angestrebte Schwangerschaft starten, weil unter anderem bekannt ist, dass dadurch der Schwangerschaftsverlauf nachteilig beeinflusst werden kann (Haider et al. Anaemia, prenatal iron use, and risk of adverse pregnancy outcomes: systematic review and meta-analysis. BMJ 2013; 346: f3443, Wiegersma et al. Association of prenatal maternal anemia with neurodevelopmental disorders. JAMA Psychiatry 2019; 76: 1294-1304).
Kontrovers diskutiert wird seit längerem außerdem die Frage, ob auch ein kausaler Zusammenhang zwischen einem Ferritinmangel und der Infertilität besteht.
In einer aktuellen – allerdings retrospektiven – Kohortenstudie wurde untersucht, ob die Fertilität und der Schwangerschaftsverlauf vor und nach intravenöser Eisensupplementierung differieren (Tulenheimo-Silfvast et al. Association between iron deficiency and fertility. Acta Obstet. Gynecol. Scand. 2025; Jan 16: Online ahead of print).
Die Kohorte umfasste 292 infertile finnische Frauen (< 43 Jahre) mit einem Eisenmangel (Ferritin ≤ 30 μg/l), die Eiseninfusionen erhielten. Outcome-Parameter waren die Lebendgeburten- und die Abortrate vor und nach Eiseninfusion. Hinsichtlich der Lebendgeburten erfolgte eine Adjustierung nach dem Alter und erfolgtem Aneuploidie-Screening (PGT-A), bezüglich der Aborte nach dem Alter, der Ursache der Infertilität und der Anzahl von Schwangerschaften.
Zusammenfassend war die Anhebung des Ferritin-Wertes (im Median von 16,2 ± 7,0 auf 81,5 ± 49,8 μg/l) – unabhängig von der Art der assistierten Reproduktion – positiv mit einer höheren Lebendgeburten- (OR 3,19; 95% CI 2,21-4,66; p < 0,001) und einer niedrigeren Abortrate (OR 0,32; 95% Cl 0,20-0,52; p < 0,001) assoziiert.
Anzumerken ist, dass es sich weiterhin lediglich um eine – wenn auch schon häufiger beschriebene – Assoziation handelt und ein kausaler Zusammenhang unbewiesen ist. Spekuliert wird über einen Einfluss von Eisen auf die Rezeptivität des Endometriums und die Eizellqualität. Hier besteht aber weiterer Klärungsbedarf.
Unabhängig von der offenen Frage bestärkt uns dieser Aspekt aber in der Notwendigkeit der Messung des Ferritins im Rahmen der Basisdiagnostik beim unerfüllten Kinderwunsch.
Prof. Dr. med. Frank Nawroth